
Kernaussagen
- Die CO₂-Bindepotenziale einzelner Maßnahmen sind begrenzt. Zur Erreichung der Klimaziele in Deutschland wird ein Bündel aus verschiedenen CDR-Maßnahmen benötigt.
- Die Umsetzung von CDR-Maßnahmen ist mit Synergieeffekten, aber auch mit Herausforderungen verbunden, die es abzuwägen gilt.
- Herausforderungen und Chancen können sich im Zeitverlauf und je nach Klimaszenario und gesellschaftlicher Entwicklung unterschiedlich entwickeln.
Umweltfaktoren
Die Implementierung von CDR-Maßnahmen birgt sowohl Herausforderungen als auch Chancen für eine Vielzahl von Umweltfaktoren. Ein zentrales Element stellt hierbei die Biodiversität dar, für die CDR-Maßnahmen sowohl Synergien als auch Zielkonflikte schaffen können. Während CDR-Maßnahmen wie eine naturnahe Aufforstung positive Effekte auf die regionale Artenvielfalt gegenüber der Flächenvornutzung haben können, bergen andere Maßnahmen auch Risiken für die Biodiversität, zum Beispiel durch die Pflanzung von Monokulturen (z.B. durch Aufforstung, BECCS). Ökosystemschutz ist eine zentrale Frage für CDR-Maßnahmen. Umweltveränderungen durch CDR können zudem die Gesundheit und das Wohlergehen von Menschen (z.B. durch den Ausbau/Einschränkung von Erholungsflächen) und Tierarten (z.B. durch die Einschränkung ihres Habitats) beeinflussen sowie gleichzeitig die Anpassungskapazitäten an den Klimawandel stärken/schwächen (z.B. Hochwasserretentionsflächen). Da verschiedene Standorte unterschiedliche geologische und ökologische Bedingungen sowie verfügbare Ressourcen aufweisen, ist die Wahl der CDR-Maßnahme standortspezifisch. Die Wechselwirkungen von CDR-Maßnahmen auf die Umwelt sind somit nicht auf alle Flächen übertragbar, sondern von lokalen Bedingungen abhängig (so macht etwa Aufforstung nicht auf jeder beliebigen Fläche Sinn). Deren Integration in den Planungsprozess ist daher essentiell, um die Anpassungsfähigkeit und Resilienz regionaler und überregionaler Ökosysteme nicht zu beeinträchtigen. Diese standortspezifischen Eigenschaften (z.B. Ressourcenabhängigkeiten, Bodenqualität, Wasserverfügbarkeit) sind darüber hinaus eng mit Fragen der Verteilungsgerechtigkeit (wie werden Kosten und Nutzen von CDR Maßnahmen verteilt) verbunden.
Effektivität
Trotz des Potenzials von CDR Maßnahmen bestehen Unsicherheiten und Herausforderungen hinsichtlich der Effektivität, Sowohl die Dauer der CO₂-Speicherung als auch die Stabilität der Maßnahmen spielen dabei eine wichtige Rolle und unterscheiden sich teils erheblich zwischen den Maßnahmen. Ein zentrales Element zur Steigerung der Effektivität von CDR-Maßnahmen sind funktionierende Kontroll- und Steuerungsmechanismen, um die Permanenz der CO₂-Speicherung zu überwachen. Eine besondere Herausforderung ist dabei das Monitoring, insbesondere bei natürlichen Speichern wie Holz oder Boden, die auch für CCS-Verfahren (Carbon Capture and Storage) relevant sind. Zwar können CDR-Maßnahmen wie Aufforstung oder Kohlenstoffspeicherung in der Küstenzone CO₂ über Jahrzehnte bis Jahrhunderte hinweg speichern, die Stabilität dieser Speicher ist jedoch aufgrund ihrer Anfälligkeit gegenüber dem zunehmenden Klimawandel gefährdet. So können beispielsweise Waldbrände oder das Sterben der Küstenökosysteme eine schnellere Reversibilität zur Folge haben, bei der das gespeicherte CO₂ wieder freigesetzt wird. Grundsätzlich variiert sowohl die Permanenz der CO₂-Speicherung (siehe Abbildung), als auch die Anpassungsfähigkeit und Stabilität gegenüber dem Klimawandel, je nach CDR-Maßnahme. Zusätzlich zum Monitoring sind auch die Berichterstattung, sowie die Verifizierung der Berichte über die Messungen (MRV) von großer Bedeutung. Denn MRV ist nicht nur für die Überwachung der Effektivität der Maßnahmen relevant, sondern auch für die gesellschaftliche Akzeptanz und die Investitionsbereitschaft zur Schaffung eines stabilen Marktumfeldes von CDR- und CCS-Verfahren entscheidend. Zudem sind auch hier Fragen der Gerechtigkeit berührt, indem man ausschließen sollte, dass unsicheres CDR zu einem Risikotransfer in die Zukunft führt. Diese Faktoren wirken auf entstehende Kosten und können die Kosteneffektivität fördern. Ein weiteres bedeutendes Thema sind bestehende Wissenslücken zur Einschätzung von CDR-Potenzialen unter Berücksichtigung ihrer Trade-off- und Synergieeffekte. Das Schließen dieser Wissenslücken kann zur Förderung effektiver Entscheidungsfindung beitragen.

Sozioökonomischer Kontext
Bei der Implementierung von CDR-Verfahren beeinflussen verschiedene sozioökonomische Rahmenbedingungen die Umsetzbarkeit und Herausforderungen von und für CDR. Zu diesen zählen verschiedene Formen der Landnutzung, die miteinander konkurrieren, wirtschaftliche Faktoren sowie die technologische Verfügbarkeit und gesellschaftliche Akzeptanz. Ein kritischer Faktor für die Umsetzung von CDR-Verfahren ist die Verfügbarkeit von ausreichend geeignetem Land, einschließlich der Qualität von Boden und Wasser. Die Flächenverfügbarkeit in Deutschland unterliegt bereits heute einem hohen Wettbewerbsdruck, der durch die Implementierung von CDR-Maßnahmen weiter verschärft wird. Dieser resultiert aus bestehenden und sich weiterentwickelnden wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Anforderungen an Land (Nahrungsmittel, Wohnen, Erholung), die durch eine entsprechende Landnutzung (Landwirtschaft, Urbanisierung, etc.) bedient werden. Die künftige Verfügbarkeit von Land für CDR wird maßgeblich von diesen sich wandelnden Anforderungen (z.B. durch Änderungen der Lebensstile, demographischer Entwicklung, etc.) beeinflusst. Entscheidend ist dabei, Synergieeffekte zwischen verschiedenen Nutzungsarten zu schaffen, etwa durch die Integration von CDR-Maßnahmen in bereits bestehende Landnutzungskonzepte. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Kosten für die Durchführung der Maßnahmen. Diese Kosten variieren je nach Maßnahme und fallen zu verschiedenen Zeiträumen an. Neben den Implementierungs- und Instandhaltungskosten spielt daher auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit der einzelnen Maßnahmen eine zentrale Rolle. Darüber hinaus befinden sich viele, insbesondere neue CDR-Maßnahmen noch im technologischen Entwicklungsprozess, beschrieben durch den technologischen Reifegrad (TRL) und können daher noch nicht großflächig und kostengünstig bereitgestellt werden. Über Investitionen in Technologie und Forschung können jedoch sowohl die Maßnahmen, als auch deren Effizienzen und Kosten beeinflusst werden. Schließlich ist die gesellschaftliche Akzeptanz von CDR-Maßnahmen von entscheidender Bedeutung für deren erfolgreiche Implementierung. Die Bereitschaft der Gesellschaft, diese Maßnahmen zu unterstützen, kann maßgeblich zum Erfolg oder Misserfolg der CDR-Strategien beitragen.
Institutionelle und politische Rahmenbedingungen
Institutionelle und politische Rahmenbedingungen stellen weitere, zentrale Herausforderungen bei der Implementierung von CDR-Maßnahmen dar. Bestehende Institutionen (z.B. Umweltbehörden, Ministerien, …) benötigen hierbei unter anderem ausreichend Ressourcen, Kompetenzen und Zuständigkeiten, um CDR-Maßnahmen zu planen, implementieren und zu überwachen. Darüber hinaus muss die Implementierung von CDR-Maßnahmen im Einklang mit dem rechtlichen Rahmen stehen. Hierfür sind gegebenenfalls Änderungen erforderlich, wie zuletzt beim Kohlenstoffspeicherungsgesetz schon vollzogen. Des Weiteren stellen politische Rahmenbedingungen eine zentrale Herausforderung im Umsetzungsprozess von CDR-Maßnahmen dar. Politische Entscheidungen beeinflussen unter anderem die Priorisierung und Entwicklung von CDR-Maßnahmen, die Formulierung von Zielen sowie Strategien zur Zielerreichung, z. B. durch die Entwicklung von Anreizmechanismen und Finanzierungsinstrumenten für CDR-Maßnahmen. Der politische Rückhalt und Konsens auf nationaler und internationaler Ebene ist dabei zentral für die Umsetzung von CDR-Maßnahmen, wohingegen politische Unsicherheiten und Interessenkonflikte die Planung und Umsetzung von Projekten beeinträchtigen können.
Gerechtigkeit und Fairness
Die Umsetzung von CDR-Maßnahmen erfordert nicht nur technologische und wirtschaftliche Überlegungen, sondern auch eine sorgfältige Berücksichtigung sozialer und ethischer Aspekte. Dabei ist es wichtig, verschiedene Gerechtigkeitsdimensionen sowie die Einbindung der Gesellschaft in Entscheidungsprozesse zu integrieren. Dies äußert sich beispielsweise in Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, die sich mit der gesellschaftlich fairen Verteilung von den Auswirkungen der CDR-Maßnahmen (z.B. Umweltauswirkungen, Energieversorgung und Landnutzungskonflikte) beschäftigen. Darüber hinaus erfordern auch Gerechtigkeitsaspekte zwischen den Generationen (sog. intergenerationelle Gerechtigkeit) besondere Aufmerksamkeit. Diese thematisieren beispielsweise, ob die Verschiebung von Risiken durch CDR auf zukünftige Generationen gerecht ist und wie heutige Entscheidungen die Chancen und Möglichkeiten zukünftiger Generationen beeinflussen. Die Einbindung verschiedener gesellschaftlicher Akteure in den Umsetzungs- und Entscheidungsprozess stellt eine weitere Herausforderung für die Implementierung von CDR dar und bildet darüber hinaus eine wichtige Voraussetzung für die gesellschaftliche Akzeptanz der Maßnahmen. Durch eine transparente Kommunikation über Risiken, Interessenkonflikte, Effektivität und Standards kann das Vertrauen und die Akzeptanz für die Maßnahmen weiter gesteigert werden oder berechtigte Zweifel einbezogen werden. Schließlich müssen die Maßnahmen auch mit den Werten der lokalen Bevölkerung im Einklang stehen, etwa in Bezug auf Ästhetik, Naturschutz und die Bewirtschaftungsform der Landschaft. Zusätzlich zu Gerechtigkeits- und Fairnessaspekten, die für die Umsetzung von CDR auf nationaler Ebene von Bedeutung sind, spielt auch der Export von CDR, bei dem CDR-Technologien und -Maßnahmen international eingesetzt und auf nationaler Ebene (sektoral) angerechnet werden, eine zunehmende Bedeutung für die Erreichung nationaler Klimaziele. Dieser Export von Verantwortlichkeiten in andere Weltregionen bedarf einer eigenen ethischen Bewertung.
